Am 6. Mai wurde das Regelwerk für das gute Miteinander im „Busch“ auf dem Sackträgerplatz/Beilstraße öffentlich vorgestellt.
Was ist die Jungbuschvereinbarung?
Es geht um ein gemeinschaftlich erarbeitetes Regelwerk, das auf freiwilliger Basis für ein besseres Zusammenleben im Stadtteil sorgen soll
Wie kann verhindert werden, dass immer mehr Menschen wegen der steigenden Mieten gezwungen sind, unseren Stadtteil zu verlassen? Wie schaffen wir es, die Fußgängerzone Beilstraße wieder autofrei zu machen? Wie werden unsere Spielplätze sauberer? Wie erhalten unsere Kinder eine chancengerechte Bildung? Und wie kann die Bewohnerschaft trotz des lebhaften Nachtlebens ihre Ruhe finden?
Diese und andere Fragen bewegen seit Monaten den Jungbusch. Seit ungefähr einem Jahr treffen sich Bewohner, Gastronomen, Hauseigentümer und Kreative in einer sogenannten „Monitoring-Gruppe“. Versammlungen mit Vermietern, Kneipenwirten, Sozial- und Bildungsakteuren wurden organisiert. Straßenversammlungen und Ortstermine fanden statt. Ziel war, die „Brennpunkte“ des Zusammenlebens zu benennen und über gemeinsam erarbeitete Vereinbarungen Verhaltensregeln für den Jungbusch zu entwickeln.
Jetzt wurde die „Jungbusch-Vereinbarung“, ein Leitfaden für das Zusammenleben in Vielfalt, öffentlich durch die Mitglieder der Monitoring Gruppe vorgestellt. Über 60 Bewohnerinnen und Bewohner fanden sich ein.
Ihre Monitoringgruppe Jungbusch
(in alphabetischer Reihenfolge): Isabel Cademartori, Petar Drakul, Sarah Hähnle, Abian Hammann, Marcel Hauptenbuchner, Norbert Herrmann, Anke Hildebrandt, Meltem Kilic, Lucia La Mantia, Laura Malek-Tehrani, Hendrik Meier, Celine Mentzel, Silviya Nikolova, Michael Scheuermann, Johannes Schmidt, Sigrun Unger, Oguzhan Yörür und Andreas Zidek
Hier finden Sie den Wortlaut der Vereinbarung:
Jungbusch-Vereinbarung
Der Jungbusch soll ein durch das Zusammenwirken von Bewohnerschaft, Stadt und Unternehmen lebendiges Quartier sein.
Weil sich der Jungbusch tiefgreifend verändert, geht es darum, ein Zusammenleben zu schaffen, dass auf gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt basiert. Nur dann kann der Jungbusch seine Vielfalt gewährleisten. Das ist das Kernziel dieser Vereinbarung.
Wir sichern die Entwicklungschancen der Menschen im Jungbusch. Um dies zu erreichen, braucht es eine Ausgewogenheit von Vermieterinnen und Vermietern, Mieterinnen und Mietern, von Familien und Einzelhaushalten, von neu Zugezogenen und Alteingesessenen. Keine Gruppe soll sich über die andere stellen. Die besondere Lage zwischen Hafen und City macht den Jungbusch zu einem attraktiven Ort zum Wohnen, Arbeiten, Ausgehen, für Kultureinrichtungen und Kreativwirtschaft. Diese Interessen gilt es auszugleichen.
Ziel der Vereinbarung ist die Sicherung einer vielfältigen, sozial und kulturell durchmischten Bevölkerung für die Zukunft. Das bedeutet, die Nachbarschaftlichkeit und den Zusammenhalt zu stärken, einem Auseinanderdriften der Gesellschaft entgegenzutreten und eine Gentrifizierung des Viertels zu verhindern.
Die Vereinbarung wird freiwillig getroffen. Sie ist öffentlich und erfolgt in Erwartung auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Die Jungbusch-Vereinbarung kann als Modell einer neuen Form der Bürgerbeteiligung dienen.
Wir im Jungbusch…
… bieten Wohnraum für alle und behandeln Mieterinnen und Mieter fair. Es besteht ein Bedarf an preiswertem Wohnraum, bereitgestellt durch die städtische Wohnbaugesellschaft GBG und durch private Eigentümer. Gleichzeitig besteht auch Interesse an großflächigeren, angemessen sanierten Wohnungen, besonders für Familien mit Kindern. Ein gemischtes Wohnen trägt dazu bei, dass die schulischen und sozialen Einrichtungen ebenfalls durchmischt sind, was die Chancen von allen Kindern erhöht.
Die Stadt berät Eigentümerinnen und Eigentümer zu gefördertem Wohnbau und greift auch selbst in den Wohnungsmarkt ein. Eigentümerinnen und Eigentümer haben eine soziale Verantwortung und beteiligen sich daran, für eine soziale Durchmischung zu sorgen. Gewerbliche Airbnb-Vermietungen wollen wir nicht, weil damit Wohnraum dem Quartier entzogen wird. Bei Mietkonflikten werden zunächst keine Anwälte, sondern das Quartiermanagement angerufen. Mieterinnen und Mieter werden durch vermittelnde Angebote unterstützt – wir sprechen bei Konflikten miteinander.
… bleiben sauber. Gastronomen und Gastronominnen achten darauf, dass Gäste das Quartier nicht mit Müll verschmutzen. Besucherschaft und Bewohnerschaft entsorgen ihren Müll ordnungsgemäß. Die Stadt reinigt die Gehwege, stellt Mülleimer sowie Pfandkisten bereit und informiert über Sperrmüll-Regeln.
… sind Nachbarn, die aufeinander achten. Alle beteiligen sich daran, einen lebenswerten Jungbusch zu schaffen. Die gemeinsamen Projekte und Feste stärken unsere Nachbarschaft und lassen den Geist dieser Vereinbarung weiterleben. Gastronomen und Gastronominnen halten eine angemessene Lautstärke ein, respektieren die Nachtruhe und sorgen dafür, dass Gäste es auch tun. Bei akuten Konflikten werden die kommunalen Ordnungsdienste angerufen. Bei andauernden Problemen wird der Night Mayor/Nachtbürgermeister informiert.
… leben und handeln umweltbewusst, auch als dichtbesiedeltes Quartier. Wir schützen das Klima und nutzen, wo möglich, das Fahrrad oder den ÖPNV und begrünen Fassaden, Dächer und Innenhöfe. Eigentümerinnen und Eigentümer investieren in ihre Häuser, um sauberer und klimafreundlicher zu werden. Die Stadt fördert diese Entwicklung durch Verbesserung der ÖPNV- und Fahrradinfrastruktur.
… wollen ein lebenswertes Viertel bei Tag und bei Nacht. Ein lebendiger Stadtteil besteht aus mehr als nur Nachtleben. Eigentümerinnen und Eigentümer vermieten Läden auch an Gastronomie und Geschäfte mit Tagesbetrieb sowie familienfreundliche Einrichtungen. Glücksspiel, Shisha-Bars und Wettläden brauchen wir nicht.
… wollen sicher leben. Drogenhandel und Gewalt haben im Jungbusch nichts zu suchen. Insbesondere auch Mädchen und Frauen müssen sicher leben können.
… schützen und stärken unsere Kinder. Für Kinder im Jungbusch gibt es viele Bildungsangebote. Durch eine abgestimmte Zusammenarbeit und Mitwirkung der Bildungs- und Sozialeinrichtungen, das Einhalten der Aufsichtspflicht der Eltern sowie das offensive Eingreifen des Jugendamtes werden die Kinder gestärkt.
… pinkeln nicht auf die Straße, auf Spielplätze oder in Hauseingängen (denn wir haben Toiletten). Gastronomen stellen ihre Toiletten auch ohne Konsumzwang zur Verfügung.
… halten Verkehrsregeln ein, rasen nicht und parken fair und ordentlich. In der Fußgängerzone wird nicht geparkt, Taxis blockieren nicht bei laufendem Motor die Straßen. Haltestellen des ÖPNV werden aufgewertet, sicherer und besser ausgeschildert, Anwohner- und Kurzzeitparken werden verbessert und alles regelmäßig kontrolliert. Ausweichmöglichkeiten außerhalb des Stadtteils werden beschildert und genutzt!
… fördern die Kreativität im Quartier und leben diese gemeinsam. Egal ob in der Schule, in den Gründerzentren, in Unternehmen oder in sozialen Einrichtungen – der Jungbusch lebt von Kreativität, die gemeinsam gelebt wird.
… stärken unsere Demokratie und engagieren uns. Wir nehmen an der lokalen Demokratie teil, unter anderem durch Beteiligung an den Wahlen und der Willensbildung in den Gremien des Quartiers, um die offene Atmosphäre des Jungbuschs auch kommunal weiterzuentwickeln.
Der Bezirksbeirat, das Quartiermanagement und die Vertreterinnen und Vertreter der Monitoringgruppe beobachten die Umsetzung der Vereinbarung, unterstützen den Stadtteil bei der Einhaltung und besprechen sich quartalsmäßig. Der Bezirksbeirat berät öffentlich über zu treffende Maßnahmen.