Johanna und die Gangs erobern Straßen und Plätze
JUNGBUSCH: Jugendliche des Gemeinschaftszentrums zeigen Sidewalk-Stück im Rahmen der Schillertage

Von unserer Mitarbeiterin Hanna Fischer

Die Premiere des Stücks findet am Sonntag, 17. Juni, 18.30 Uhr statt. Start der Aufführung ist der Saal des Gemeinschaftszentrums in der Jungbuschstraße 19. Informationen unter Tel. 1 49 48 und unter www.jungbuschzentrum.de. Weitere Aufführungen finden statt am 23. Juni um 18.30 Uhr im Rahmen des Festivals „Junges Theater im Delta“, am 24. Juni um 16 Uhr in Ludwigshafen sowie auf dem Festival der Beteiligungskulturen der KulturContainerStadt vom 20. bis 27. September.
Drei Monate Proben liegen hinter Tugba, Funda, Hüsseyin und den anderen 16 jungen Migranten, die die Premiere ihres Theaterstücks „SchwererPanzerFlügelKleid“ kaum noch abwarten können. Die Vorlage dazu: Schillers „Die Jungrau von Orléans“. Nachdem die Laien-Schauspieler aus den insgesamt drei Theatergruppen am Gemeinschaftszentrum bereits 2003 und 2005 die Mannheimer Schillertage mit ihren Inszenierungen aufmischten, hieß es auch in diesem Jahr, einen Text des großen deutschen Dichters vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebensperspektive zu interpretieren.
Hinter den Gruppen steht die Regisseurin und Theaterpädagogin Lisa Massetti, die die Jugendarbeit am Gemeinschaftszentrum seit 14 Jahren mit ihren Theaterangeboten unterstützt. „Schauspielen ist eine so gute Möglichkeit, sich selbst zu spüren und zu entdecken“, betont Massetti die Bedeutung ihrer Arbeit. Das Konzept der Jugendarbeit am Gemeinschaftszentrum: „Wir wollen nicht die Probleme in den Vordergrund stellen, sondern die Fähigkeiten und das Potential der jungen Migranten fördern“, so Quartiermanager Michael Scheuermann.
Gefragt waren diese Fähigkeiten, als es während der Vorbereitung und den Proben zum Schiller-Stück darum ging, die Parallelen des Dramas zur eigenen Lebenswelt, der Entwicklung im Jungbusch und der Gesellschaft allgemein zu erfragen: Wie kann ich als Jugendlicher und Migrant meinen Platz in der Gesellschaft finden? Und wie kann ich die Unsicherheiten und hohen Erwartungen, die an mich gestellt werden, bewältigen? Statt Frankreich und England begegnen sich in „SchwererPanzerFlügelKleid“ zwei Gangs, die „Coolen“ und die „Traditionsbewussten“. Und zwischen ihnen steht nicht die mittelalterliche Johanna, sondern ein Mädchen aus Anatolien.
Dass die Geschichte aus dem Leben gegriffen ist, zeigen die Schauplätze, an denen sie spielt: Ganz in Manier des Sidewalk-Theaters wird auf Plätzen, in Straßen und auf der neuen Quartiersplatzbühne der KulturContainerStadt Content.17 gespielt. „Es werden genau die Probleme angesprochen, die man Tag für Tag hier im Jungbusch erleben kann – eine große Unzufriedenheit und Orientierungslosigkeit unter den Jugendlichen“, fasst Gerburg Maria Müller die Quintessenz des Stücks zusammen.
Realität sei aber leider auch, so Claus Preissler vom Fachbereich Kinder, Jugendliche und Familie, dass das Geld zur Finanzierung solcher Projekte und der Jugendarbeit allgemein fehle. Migranten müssten endlich als Stärke und Chance für die Gesellschaft begriffen werden. Ähnlich sieht das Kai-Uwe Sax, Geschäftsführer des Bauunternehmens Sax + Klee. Seit 2002 fließen regelmäßig Spenden der Firma direkt in die Arbeit des Gemeinschaftszentrums. „Es muss alles versucht werden, um den guten Weg, auf dem sich die Integration von Ausländern im Jungbusch befindet, fortsetzen zu können. Das erfordert die Bündelung aller Kräfte“, begründet Sax das Engagement.
Unterstützung erhält die Theaterarbeit auch durch das Junge Nationaltheater Mannheim, deren Direktorin Andrea Gronemeyer für eine Fortsetzung der bereits bestehenden Kooperation plädiert, denn: „Die Theaterarbeit hier im Jungbusch gehört zum Besten, was es in Europa gibt“, ist die Theaterexpertin Gronemeyer überzeugt.

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