Jugendliche erarbeiten Filmdokumentation „Mit eigenen Worten“ / Integration ernst genommen

Kiez-Streifen, der bewegt

Von unserem Mitarbeiter Bernhard Haas

Ein ganz kleiner Moment besinnlicher Ruhe, erst dann keimt lang anhaltender und mehr als wohlverdienter Beifall auf. Allen Beteiligten ist anzumerken, dass sie den Applaus in vollen Zügen genießen. Gerade hatten Zuschauer und Künstler die Filmdokumentation „Mit eigenen Worten“ im Gemeinschaftszentrum Jungbusch als vollendetes Werk gesehen.
„Das ist eine wunderbare Darstellung aus ganz persönlicher Sicht von Jugendlichen mit Gefühlen, die sie bewegen“, stellt Zuschauerin Brigitte Liebetrau ganz spontan fest. Das Leben von Jugendlichen im Jungbusch zieht sich wie ein roter Faden durch die Dokumentation. Hin und her gerissen zwischen Traditionen, begründet vor allem in der türkischen Herkunft und dem Leben in der heutigen modernen mitteleuropäischen Gesellschaft, schildern die jungen Laienschauspieler, die fast durchweg seit fünf Jahren in der „Creative Factory“ im Jungbusch zusammen auftreten, in Großeinblendungen ungezwungen ihre ganz eigene persönliche Biografie, wie sie im Jungbusch aufgewachsen sind, was sie täglich erleben und was sie von der Zukunft erwarten.
Als Hintergrund sind jeweils ganz typische Örtlichkeiten gewählt – der Hafen, die Popakademie oder die Jungbuschstraße. Zwischen Tradition und Moderne zieht sich auch ein intensiv gespieltes Theaterstück durch den Film. Den eigentlichen Zwiespalt zeigen zwei Theatergruppen – Rot und Schwarz – auf. Für viel Gelächter sorgt da dann schon einmal ein Bauchtanz. In Schwarz-Weiß-Einstellungen werden zudem Einblicke in die Proben gewährt, wenn eine einzelne Textpassage drei, viermal wiederholt werden muss, damit sie auch richtig sitzt.
Interessante Diskussionen
Interessante Diskussionen um Begriffe wie Ehre, Freundschaft und Heimat werden geführt. Unmissverständlich wird festgestellt „Jungbusch, das ist meine Heimat.“ Dass es allen Beteiligten viel Spaß gemacht hat, braucht nicht besonders betont werden.
Filmemacher Mario di Carlo ist mit dem Ergebnis der Dokumentation zufrieden: „Ich wollte, dass sich jeder in dem Film wiederfindet, der mitgemacht hat.“ „Es ist unglaublich, was Lisa Massetti hier bewegt hat. Eigentlich sollte man ihr ein Denkmal setzen“, lobt Zuschauer Alexander Bergmann. Die theaterpädagogische Leiterin bleibt da bescheiden und kommentiert den Film: „Das ist ein gutes Ergebnis.“ Schauspielerin Kaya Yörük sagt: „Das war harte Arbeit“, und Tuba Ibis ergänzt: „Der Gegensatz zwischen Rot und Schwarz ist sehr schön herausgekommen. Die Kulissen sind sehr schön. Ich bin gespannt, was die Leute sagen, wenn sie den Film zum ersten Mal sehen.“
In dem Projekt, gefördert von LOS (Lokales Kapital für soziale Zwecke), der europäischen Gemeinschaft, dem Bundessozialministerium und der Stadt Mannheim geht es um Integration. Finanziell unterstützt wurde das Filmprojekt mit 10 000 Euro. „Das Geld wurde im Wesentlichen für Sachmittel verwendet. Nur ganz wenig Aufwandsentschädigungen wurden bezahlt“, erzählte der Leiter des Gemeinschaftszentrums und örtliche Quartiermanager, Michael Scheuermann.
Ein Wunsch am Ende
Die Laienschauspieler konnten Erfahrungen sammeln, wie ein Film entsteht, wie geschnitten wird und wie Ton auf den Streifen kommt. Eine wahre „Punktlandung“ setzten Filmemacher und Künstler, denn das Projekt war bis zum Anfang Juli fertig zu stellen. Und genau jetzt lief der Streifen erstmals im Gemeinschaftszentrum. Ganz zum Schluss äußern die Jugendlichen noch einen Wunsch: „Wir hoffen, dass wir weiter zusammen Theater spielen können.“ Dazu fehlen aber noch Sponsoren.

Mannheimer Morgen
18. Juli 2008

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