Der 9. Nachtwandel ist Geschichte. Es war ein ganz besonderer Nachtwandel, denn zahlreiche
Änderungen wurden eingeführt, um das jährlich seit 2004 im Oktober stattfindende Ereignis noch stärker als Kulturveranstaltung aus dem Jungbusch zu profilieren. Es galt, die richtige Balance zwischen Kunst und Kultur, Multikultur, Begegnung, Interaktion und Ausgehkultur bzw. Partystimmung zu finden.
Die Ergebnisse des diesjährigen Nachtwandel können sich, so meinen wir als Veranstalter, sehen lassen. Mehr als 20.000 Menschen – so viele wie nie zuvor – besuchten das Fest mit 80 Programmpunkten und entdeckten die verschiedenen Gesichter des Stadtteils Jungbusch an insgesamt 60 verschiedenen Lokalitäten. Und dies – es kann gar nicht genug betont werden – in friedlicher Atmosphäre! Die veränderten Veranstaltungszeiten von 19 bis 24 Uhr haben zu einer Beruhigung geführt, wiewohl auch nach Veranstaltungsende in den Kneipen und Bars des Stadtteils weitergefeiert wurde. Hier müssen wir das rechte Maß finden, denn letztendlich setzt die Bewohnerschaft selbst durch ihre Akzeptanz oder Nichtakzeptanz der Lebendigkeit die Grenzen.
Balance zwischen Laut und Leise
Keine Frage – und das hat auch der überwiegende Teil der Besucher festgestellt: Der Nachtwandel hat in diesem Jahr wieder mehr zu seinem ursprünglichen Charakter zurück gefunden. Besonders haben uns die Straßenaktionen – die geplanten und auch die ungeplanten – und die Vielfalt der Akteure gefallen. Angefangen von der Jugendini, über den Internationalen Frauentreff und Bewohner bis hin zu professionellen Künstlern. Auch die kulturelle Breite von General Schweißtropf bis Klassik-Zentrum in der Hafenkirche fanden wir einzigartig. Wir fänden es schön, wenn wir in den kommenden Nachtwandeln noch mehr unplugged Aktionen hätten und Künstler, die den Mut haben, auch kleine aber feine Aktionen zu präsentieren. Und wenn es gelänge, noch mehr Hinterhöfe zu erschließen, wo man sich bei leisen Klängen von der Party erholen kann, um sich anschließend wieder hineinzustürzen.
Im Bemühen um eine bessere Balance zwischen Laut und Leise haben sich die „Ruhepunkte“ z.B. in Höfen der Jungbuschstraße als sehr sinnvoll erwiesen. Schließlich waren auch die interaktiven Programmpunkte, bei denen die Besucher nicht nur staunen, hören und sehen, sondern mitmachen konnten, wieder zahlreich vertreten, z.B. auf Youngbush-Island (MitMachKunst), im Hof der Jungbuschstr. 17 (Kollektiv-Subjekt-Graffiti-Kunst) oder bei den Fotoprojekten „Mannemer Sein“ und „Wir sind Jungbusch“.
Interkulturelle Akzente wurden an vielen Stellen gesetzt, was zur Verständigung in einem Stadtteil beträgt, in dem Menschen aus 80 verschiedenen Nationen leben.
Geben und Nehmen
Sehr positiv war, dass bei allen Beteiligten, auch den Gastronomen, das Verständnis gewachsen ist, dass wir alle gemeinsam für den Nachtwandel verantwortlich sind. Vom Nachtwandel zu profitieren ist jedoch in der Zukunft nur möglich, wenn sich umgekehrt auch alle an der Veranstaltung und den mit ihr verbundenen Kosten beteiligen.
Diejenigen – und das betrifft auch die Geschäftsinhaber – die dieses Verständnis vermissen lassen und hier Trittbrettfahrer sein wollen ohne einen Beitrag zu leisten, müssen von allen Beteiligten konsequent an ihre Verantwortung erinnert und in die Pflicht genommen werden.
Der Nachtwandel ist nicht nur ein launiges und teilweise skurriles, zweitägiges Kulturereignis. Er ist vielmehr ein Gemeinschaftswerk, das den Zusammenhalt im Stadtteil stärkt, das Unverwechselbare des Jungbuschs nach außen trägt und ganz vieles unter dem Motto „Wir gemeinsam im Kiez“ in Bewegung setzt.
Wir – und damit meinen wir alle Beteiligten – sollten alles dafür tun, um den Nachtwandel in seiner Einzigartigkeit zu erhalten. Der 10. Nachtwandel – unsere Jubiläumsveranstaltung – könnte also kommen! Ob er allerdings im Jahre 2013 oder erst 2014 stattfinden kann, das muss sich noch zeigen. Denn aufgrund des gestiegenen Aufwandes sieht sich das Gemeinschaftszentrum Jungbusch ohne zusätzliche Kräfte nur noch alle zwei Jahre in der Lage, die Veranstaltung auf die Beine zu stellen.
Schlussendlich bedanken wir uns bei allen Programmbeteiligten, Kooperationspartnern und Unterstützern, ohne die der 9. Nachtwandel im Jungbusch nicht möglich gewesen wäre.
Steffen Rosskopf, Bernd Görner und Michael Scheuermann