Gemeinsam unterwegs für mehr Lebensqualität
Bewohner und Stadtteilvertreter erkundeten ihren Stadtteil

KJ Rundgang

Die Gewalttaten im Jungbusch haben zu einer nachvollziehbaren, großen Verunsicherung und Sorge in der Bewohnerschaft des Stadtteils geführt. Viele Gespräche fanden statt. Bemerkenswert daran war, dass nicht nur über die ausgelösten Ängste gesprochen wurde, sondern auch über die Qualitäten des Stadtteils Jungbusch. „Ich wohne gerne im Jungbusch, weil hier Leben auf der Straße ist“, meinte ein Jungbuschbewohner und ergänzte: „Deshalb fühle ich mich hier sicherer als anderswo, weil auch noch abends Menschen auf der Straße sind.“ Eine andere Bewohnerin, die erst vor kurzem in den Jungbusch gezogen ist, zeigte sich erstaunt darüber, wie schnell man Kontakt zu den anderen Bewohnern bekommt. Besonders beeindruckt war sie von der Hilfsbereitschaft der Menschen im Jungbusch: „Als neulich mein Fahrrad platt war, kam sofort jemand zu Hilfe.“ Gute nachbarschaftliche Beziehungen zeichnen den Stadtteil aus, wie auch nachfolgendes Zitat verdeutlicht: „Meine Nachbarn kenne ich fast alle mit ihrem Namen. Sie sind nett und fragen nach meinem Wohlbefinden. Das gibt mir das Gefühl der Sicherheit.“ Gerade wenn ein Stadtteil negative Zuschreibungen bekommt, ist es von großer Wichtigkeit, die positiven Eigenschaften des Stadtteils herauszustellen und diesen Stärken zu noch mehr Wirksamkeit zu verhelfen.

Öffentliche Orte beleben

Vor diesem Hintergrund haben Menschen des Stadtteils am 23.01. einen Erkundungsrundgang unternommen. Die Ergebnisse wurden in einen von der Stadt Mannheim einberufenen Dialog getragen. Dabei waren Vertreter der Organisationen im Jungbusch – von der Popakademie bis zum Bewohnerverein. Auch die Universität Mannheim war beteiligt. Weiterhin mitgewirkt haben Vertreter der unterschiedlichen Bewohnergruppen, darunter im Stadtteil lebende Studenten, Akteurinnen der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien, die Jugendini, der Internationale Mädchentreff und der Internationale Frauentreff. Besonders intensiv hat die Gruppe den nördlichen Jungbusch erkundet. Deutlich wurde, dass so mancher Ort, der früher am Rande des Stadtteils lag, heute eine große Bedeutung für Menschen im Jungbusch erlangt hat. So treffen sich beispielsweise in der Jungbuschhalle plus X viele Sportgruppen und das Freizeitgelände an der Werftstraße nahe der Jungbuschschule ist – nicht zuletzt durch die Aufwertungsmaßnahmen im Jahr 2012 – heute ein vielfältig genutzter Treffpunkt im Stadtteil. Allerdings fehlt auf dem Freizeitgelände eine gute Beleuchtung, stellten die Teilnehmer des Rundganges fest, die von erfahrenen Fachkräften der Kriminalprävention begleitet wurden.

Um die Qualität zu verbessern, wurde zudem mit Blick auf das hohe Buschwerk das Entfernen von Sichtbarrieren vorgeschlagen. Je belebter ein Ort ist, desto sicherer fühlen sich die Menschen. Dieser Grundsatz sollte auch auf den sogenannten Hanielpark mit der Stadtbahnhaltstelle Rheinstraße übertragen werden. Genau in diese Richtung zielte auch die Idee von Klaus Elliger, Chef der Stadtplanung der Stadt Mannheim, der beim Sicherheitsdialog vorschlug, dort beispielsweise einen Skaterpark einzurichten. Gleichzeitig ist es aus Stadtteilsicht wichtig, für die Radfahrer gute und sichere Wege vom Jungbusch in die Innenstadt zu schaffen: eine Aufgabe für die Verkehrsplanung und sachverständige Gruppen.

Haltestellen aufwerten

Ein weiterer Ort des Rundgangs war die Hafenstraße. Es ist noch nicht lange her, dass dort nur ein kleiner Bus fuhr, der die Wohngebiete des Handelshafens mit dem Jungbusch und der Stadt verband. Die heutige Linie 60, die den Jungbusch mit der Uni und dem Hauptbahnhof verbindet, ist eine der hochfrequentiertesten Buslinien in der Stadt. Umso wichtiger ist es, so das Plädoyer der Runde, dass man die Haltestellen aufwertet, gut beleuchtet und besser ausstattet. Der Vorschlag an die RNV: „Bitte errichtet eine Wartehäuschen mit Licht!“ Schlusspunkt der Tour war die Unterführung Dalbergstraße. Die vor Jahren vorgenommene künstlerische Gestaltung der Wände in der Passarelle mit Künstlern und Jugendgruppen aus dem Jungbusch sorgte für mehr Aufenthaltsqualität. Allerdings bröckelt inzwischen die Farbe. „Könnte man nicht eine Wand für wechselnde ’Ausstellungen’ von Graffitikünstlern freigeben?“, schlug ein Teilnehmer vor. Die unterirdische Anlage muss nicht nur an dieser Stelle in einen besseren Pflegezustand versetzt werden, stellten die Teilnehmer fest. Zudem wurde der Einbau eines Netzverstärkers vorgeschlagen, damit auch alle Handys in der Unterführung und im Haltestellenbereich Empfang haben. Am Ende des Rundgangs waren sich die Teilnehmer einig: Gemeinsam unterwegs zu sein, schärft einerseits den Blick auf den gemeinsamen Wohn- und Lebensort Jungbusch und verbindet andererseits die jeweils unterschiedlichen Wahrnehmungen und Perspektiven.

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