Mehr Spaß, weniger Wildpinkeln
Gastronomen planen Kampagne für rücksichtsvolleres Ausgehverhalten

Kampagne

Ein rot-grauer Reisebus fährt an und hält. Die Türen gehen auf und ein Dutzend Männer und einige Frauen steigen aus. Manche tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Team Bräutigam“. Wir sind in der Unteren Straße in Heidelberg. Oder ist es ein Blick in die Zukunft des Jungbuschs?

Von den Besuchermassen der Unteren Straße ist der Jungbusch noch weit entfernt. Anstatt 15.000 Besucher feiern an einem normalen Wochenende wohl eher 2.000 Menschen vornehmlich in der Jungbuschstraße. Trotzdem erlebt die Gastronomie im Jungbusch gerade einen Aufschwung. Die Zahl der Kneipen und Gäste hat in den letzten 2 Jahren stark zugenommen. Das freut die Gastronomen. Aber auch die Stadt und der Stadtteil profitieren von diesen Entwicklungen: Z.B. bietet der Stadtteil Studenten und Absolventen der hier angesiedelten Popakademie nun auch in Mannheim eine Szene und ein Publikum.

Jedoch kommen auch Probleme durch diese Veränderungen. Die größeren Menschenmengen führen zu mehr Lärm auf den Straßen. Bewohner bemängeln außerdem „Wildpinkeln“ und Verschmutzung. Neben der Enthemmung durch Alkohol, scheinen für viele Menschen im Jungbusch andere Regeln zu gelten als im „normalen“ Leben – es ist schwer vorstellbar, dass jemand im Lindenhof in einen Hof reingehen und gegen die Mülltonne pinkeln würde.

Spätestens nach der Stadtteilversammlung Ende Februar, auf der das Thema öffentlich erörtert wurde, ist den Gastronomen im Jungbusch daher klar: Es muss etwas getan werden. Zwar bemühen sich schon alle darum durch Türsteher, Windfänge und Schallisolierung die Beschwerden für die Anwohner so gering wie möglich zu halten. Einige der Gastronomen haben sich jetzt aber zusätzlich zusammengetan und planen eine Kampagne, um Besucher des Jungbuschs an die Notwendigkeit eines respektvollen Miteinanders zu erinnern. Die Kampagne soll nicht die Form eines erhobenen Zeigefingers annehmen, aber „Jemand muss sagen, dass das nicht ok ist. Weil es ist nicht ok“, erklärt Abian Hammann vom Hagestolz. Angst davor, dass dies schlecht für ihr Image und das des Jungbuschs sein könnte, haben sie nicht: „An einem respektvollen Umgang ist nichts uncool!“, fügt er hinzu.

Plakate mit flotten Sprüchen werden nicht alle Probleme lösen. Das weiß auch Michael Dester von der Kombüse. Im städtischen Zusammenleben gibt es immer eine Vielfalt von Interessen. Im Jungbusch ist diese besonders ausgeprägt. Doch das ist auch seine besondere Stärke. Hier tanzt der Luxusstudent aus der Oststadt neben Punks und dem türkischen Gemüsehändler. Und – das muss man auch hervorheben – das klappt im Allgemeinen ziemlich gut. Ein Grund hierfür ist die gute Kommunikation im Stadtteil. Denn wo Probleme frühzeitig angesprochen werden, kocht die Wut gar nicht erst hoch. Schließlich haben alle Interesse an einem respektvollen Miteinander, meint Dester. Die Gastronomen seien sich ihrer Verantwortung bewusst.

Die Mischung hier im Stadtteil sei „ein Geschenk“, freut sich Ingo Zielske. „Wenn ich [im Blau] hinter den Tresen stehe und sehe, wie die Leute Spaß haben, dann ist das ein geiles Gefühl!“ Hoffen wir, dass es noch viele schöne Abende im Jungbusch geben wird. Jeder ist herzlich eingeladen sich daran zu beteiligen. Flotte Sprüche und ausgefallenen Motive können an info@hagestolzbar.de geschickt werden. Oder das nächste Mal einfach zum Pinkeln eine Toilette aufsuchen…

KM

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